In der Praxis scheint es vielen Menschen nicht klar zu sein, was gemeint ist, wenn von Nacharbeit, Reparatur und Ausbesserung die Rede ist. In diesem Artikel werden wir versuchen, etwas Klarheit zu schaffen.
Ein Draht in einem Kabelbaum ist gebrochen, ein Lötauge/Pad oder Leiterbahn auf einer Leiterplatte hat sich gelöst oder ist durchgebrannt, die Goldschicht eines Kontakts ist beschädigt, die Leiterplatte ist verbrannt oder anderweitig beschädigt, möglicherweise verbogen oder gebrochen. Die Reparatur hiervon fällt unter das IPC-Reparaturkonzept. Denn in den meisten Fällen funktioniert das beschädigte Produkt gar nicht mehr oder nicht mehr zuverlässig und die Reparatur stellt die Funktion wieder her. Das reparierte Produkt weist in jedem Fall Abweichungen gegenüber einem unbearbeiteten, originalen (unbeschädigten) Produkt auf.
Der Reparaturvorgang kann beispielsweise darin bestehen, eine Brücke über einen Bruch in einer Leiterbahn zu löten, einen gebrochenen Draht in einem Kabelbaum mit einer Spleiß (gekrimpt/gelötet) wieder zu verbinden, ein verbranntes Stück auf einer Leiterplatte auszufräsen und zu reparieren und vieles mehr wird in die Vorgänge im IPC-7721 beschrieben. Ob eine Reparatur erlaubt ist, muss fast immer mit dem Kunden besprochen werden.
Ein polares Bauteil ist falsch herum platziert, die Lötverbindung ist unzureichend, ein falsches Bauteil wurde bestückt, ein Kurzschluss (Lötbrücke, die ungewollt zwei Anschlüsse verbindet), die Lötverbindung hat einen Riss/Bruch, ein Bauteil ist beschädigt, ein Überschlag im Lötstopplack oder der Leiterplattenlieferant sieht eine Kupferverbindung zwischen 2 Leiterbahnen. All diese Probleme könnten durch eine Nacharbeit gelöst werden. Manchmal reicht schon ein kurzes Erwärmen der Verbindung aus, um das Problem zu lösen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Aktion entspricht das Produkt zu 100 % einem unverarbeiteten Produkt. IPC-7711 beschreibt einen großen Auswahl von Nacharbeitsvorgänge.
Obwohl Nacharbeiten in IPC-Veröffentlichungen wie IPC/WHMA-A-620, IPC/J-STD-001 und IPC-6012 grundsätzlich zulässig sind, kommt es immer noch regelmäßig vor, dass Kunden in ihren Verträgen festlegen, dass Nacharbeiten an ihren Produkten nicht erlaubt sind. In solchen Fällen werden einige Mitarbeiter oder auch Unternehmen kreativ und bezeichnen ihre Eingriffe in eine Lötstelle als „Ausbesserung/Touch-up“. Die Argumente, die ich manchmal höre, sind, dass es sich um Nacharbeit handelt, wenn das Produkt zur Verarbeitung aus der Produktionslinie entfernt werden muss, und solange es in der Linie verbleibt, handelt es sich um Ausbesserung. In manchen Unternehmen steht bereits jemand am Ende der Lötlinie mit einem Lötkolben in der Hand, um kleine Abweichungen, wie etwa zu wenig Lot, sofort zu verbessern und nennt seine Aufgaben Ausbesserung/Nachbesserung/Touch-up.
Eine Namensänderung bedeutet jedoch nicht, dass physikalische Prozesse geändert werden können. Das erneute Erhitzen einer bestehenden, bereits abgekühlten Lötstelle führt zwangsläufig zu einem zusätzlichen Thermoschock. Darüber hinaus wird die intermetallische Schicht dicker. Und die Gefahr einer kalten Lötstelle lauert. Alle drei dieser Phänomene können die Zuverlässigkeit einer Lötverbindung beeinträchtigen. Und wenn ich als Kunde Leiterplatten bestelle und Nacharbeiten in meinem Vertrag mit dem Leiterplattenlieferanten ausschließe, darf dieser keine Fehlstellen im Lötstopplack nacharbeiten, auch wenn er es als Nachbesserung bezeichnet.
Wir haben in diesem Artikel bewusst nicht die offiziellen Definitionen des IPC zitiert. Wenn Sie dies jedoch wissen möchten, finden Sie es im Dokument IPC-T-50.